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Wie viel Leben leben wir eigentlich?

Esragül Schönast

Läuft im Leben alles nach Plan?

Kann man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen? Was bringen to-do Listen wirklich? Wie viel Zeit nehmen wir uns für unsere eigentlichen Wünsche? Reicht die Zeit wirklich nicht oder teilen wir sie uns nur so schlecht ein?

Diese Fragen beschäftigen mich hin und wieder – immer wieder. Daher widme ich mich heute diesen (noch) unstrukturierten Themen. Meistens fange ich einfach an zu schreiben und es bildet sich im Laufe des Textes eine gewisse Struktur… Mal sehen, was heute dabei heraus kommen mag. Bin selbst gespannt. Ich tauche an einer Stelle ab und wenn ich wieder auftauche bin ich ganz woanders. Das liebe ich…

Arbeiten, schlafen, arbeiten, schlafen …

Verallgemeinerungen sind nicht möglich. Sind falsch. Trotzdem riskiere ich es und sage mal pauschalisierend: die meisten von uns arbeiten, schlafen, arbeiten, schlafen, haben Wochenende, arbeiten, schlafen, dazwischen mal Urlaub und dann wieder arbeiten, schlafen, arbeiten, usw. …

Um Missverständnissen direkt vorzubeugen: Arbeiten ist natürlich essentiell. Es sichert uns unseren Lebensunterhalt, bewahrt uns vor Langeweile und ermöglicht es uns, unseren Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Hand in Hand mit Handwerkern, Ärzten, Bauarbeitern, Ingenieuren, Architekten, Anwälten, Sozialarbeitern, Lehrern, Müllbediensteten (ich wollte nicht Müllmänner sagen, denn sicher gibt es auch Frauen in diesem Sektor 🙂 ), Fahrlehrern und allen anderen starken Personen ist es überhaupt möglich, dass ein System funktioniert.

Das ist nicht meine Frage oder nicht das, was mich beschäftigt. Was mich beschäftigt ist: Warum sind wir so verkrampft? So mega-strukturiert? So extrem diszipliniert? Ja, ich möchte es wagen und fast schon sagen so langweilig und spießig? Erneut möchte ich nicht falsch verstanden werden. Die Disziplin und Ordnung hierzulande finde ich gerade so toll. Ist sogar manchmal (muss ich gestehen) eines der Gründe, warum ich froh bin, wenn ich zurück aus dem Urlaub bin. Ist es allerdings …

Zu viel des Guten?

Mal ehrlich, dennoch ist diese Disziplin manchmal weniger gut. Sie bringt uns in vielen Bereichen Schwierigkeiten. Wenn ich eine Minute vor Feierabend notfallartig meinen Arzt besuche und die Mitarbeiterin schließt mir die Türe vor der Nase zu, weil sie gleich Feierabend machen, ist das zu viel der Struktur. Zu viel der Ordnung. Dein Beruf fordert von dir eigentlich auf flexible Art Menschen mit gesundheitlichen Problemen zu helfen oder irre ich mich da? Doch die Regeln in unseren Köpfen, die Disziplin, die Ordnung fordert, dass sie um 17 Uhr die Türe schließt.
Wenn ich den Bus um wenige Sekunden verpasse und du lieber Busfahrer doch siehst, dass ich wie verrückt zum Bus gerannt bin, so warte doch bitte noch diese paar Sekunden ab oder öffne die Tür an der Ampel an der du gerade doch sowieso stehst. Entschuldigung, dein Vorgesetzter hat dir aber sicher diese Regel vorgeschrieben und du bangst ohnehin um deinen schlecht bezahlten Job. 13:41 fährst du an der Haltestelle Dom los und nicht um 13:41 und 20 Sekunden. 😛 Nicht alle sind sie so; natürlich, aber ihr wisst sicher, was gemeint ist. 🙂 Alle haben sicher ihre eigenen Geschichten in diesem Thema.

Jetzt aber bloß nicht sowas wie: „Ja, aber wo kommen wir hin, wenn wir erst einmal damit anfangen?“ sagen. Bitte. 🙂

Was bietet die Welt?

Ich möchte es mal anders erklären. Die Welt bringt, bietet und birgt so viele schöne Lebens- und Erlebnismöglichkeiten. Es gibt auf der Welt so wunderschöne Orte und Gebiete. Es gibt so viele leckere Genüsse außerhalb unserer Grenzen. Diverse Unternehmungsmöglichkeiten. Verschiedenste Kulturen, Traditionen und Menschen… Doch wir sind irgendwie in unserem super, funktionierenden Strukturen festgefahren. Arbeiten, schlafen, arbeiten, schlafen, Wochenende, arbeiten, usw. Abgesehen vom Ruhestand. Das muss ich zugeben; da erleben wir sehr viel. Vorausgesetzt unsere Lebenszeit und Gesundheit gebietet es uns dann noch…

Ich bin für mehr Freiheit innerhalb unserer Freiheit. Für mehr Entfaltung. Für mehr Gedanken. Für mehr Neues. Für mehr Mut.

Bei mir war es so …

An der eigenen Nase soll man sich packen.. Das habe ich beispielsweise vor einigen Wochen.
Mein Mann ist in die USA gereist. Kalifornien. Beruflich. Lange haben wir überlegt, ob wir es hinbekommen, dass ich mitfliege. 5 Tage Konferenz und hinterher eine kleine Tour die Küste runter nach L.A. Da waren sie wieder, die kleinen „Zeit-Arbeit-Geld-Insekten“ in unseren Köpfen. 🙂 Wie sollte das den funktionieren? Was mache ich denn, wenn er 5 Tage arbeitet? Da verschwende ich ja eine Woche. Und allein der Flug? Arbeitet und spart man den dafür, dass urplötzlich so viel auf einmal rausgehauen wird? Und das nur für zwei Tage?

Ich bin nicht mitgeflogen. Und er? Er kommt immer noch nicht aus dem Schwärmen heraus. Diese Strände. Dieses Meer. Diese Wellen. Die Surfer, die witzigen, netten Menschen, die breiten Straßen, das tolle Wetter, der immer noch nicht ganz verheilte Sonnenbrand… und, und, und… So Esragül, kommt diese Möglichkeit so schnell wieder? (Wenn ich will vielleicht? Oder wie war das mit nur der Wille zählt. 🙂 )

Es sollte vielleicht nicht sein. Darum geht es auch nicht wirklich. Es geht um das Allgemeine. Ein anderes Beispiel:

Wenn ich in der Türkei im Urlaub bin, wundere ich mich immer wieder, wie das die Leute dort hinbekommen. Wir haben letztes Jahr paar Tage bei meiner Cousine und ihrer kleinen Familie gehaust. Ihr Ehemann arbeitet im Kultusminsiterium, sie ist Grundschullehrerin und ihre kleine Maus geht in den Kindergarten. Es war zur Schulzeit, als wir dort waren. Doch ich habe davon nichts bemerkt…

Tagsüber sind alle ihren Berufen nachgegangen und wir haben die Zeit für kleine Unternehmungen genutzt. Abends wollten sie dann mit uns immer Etwas unternehmen. Doch wir meinten immer: „Nein, wenn wir das machen, wird es doch viel zu spät. Ihr müsste doch morgen früh raus?!“. Sie haben immer gelächelt und meinten: „Seid ihr alle so in Europa?“. Na, sind wir alle so in Europa? 🙂 Wohl kaum…

So kam es, dass wir jeden Abend etwas Schönes erlebt haben. Die Kleine wurde abends ins Bett gebracht und wir haben die beiden Großen nach 22 Uhr immer wieder aufgefordert, sich doch hinzulegen. Irgendwann sprachen sie sich klipp und klar aus. Sie meinten sie seien nicht nur zum Arbeiten auf dieser Welt und hätten auch uns nicht jeden Tag zu Besuch, diese Zeit wollten sie in vollen Zügen nutzen und genießen. Schließlich sei es für sie auch ne schöne Abwechslung.

Kein Gedanke an das Verschlafen, kein Gedanke an das Müdesein. Nur das Leben steht im Vordergrund. Herrlich oder? Mein Cousin der mal nach 23 Uhr ohne Bedenken hereinspazierte, weil er wusste dass wir noch Cay trinken, hatte längst begriffen, dass seine Schwester auch unter der Woche ihr Leben lebt. 😉

Lange Rede, langer Sinn (:

Wie immer bin ich wieder kurz davor noch weiter auszuholen und noch detaillierter zu werden, um das zu vermitteln, was ich vermittelten möchte. Doch ich muss mich stoppen, damit die Texte noch lesbar bleiben. Ich denke diese Zeilen, sagen schon bisschen aus, was ich aus meinen Erfahrungen lerne und sporne vielleicht den Einen oder Anderen dazu an, ebenfalls sich ein paar Gedanken zu machen und vielleicht gar hier mit mir zu teilen…

Old but gold:

Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.  ♥

Mark Twain

Esragül Schönast

 

3 Kommentare

  1. Hallo Esragül,
    dies war der erste Artikel, den ich von dir gelesen haben und sicher nicht der letzte.
    Du hast hier sehr viele Dinge angesprochen, die mich auch lange beschäftigt haben. Während meines Vollzeit-Jobs habe ich mich immer wieder gefragt ob das jetzt alles ist, ob mein Sinn des Lebens jetzt darin besteht arbeiten zu gehen und abends und am Wochenende zu müde zu sein um etwas zu unternehmen. Das lag wohl auch daran, dass mein Job ziemlich stressig war und ich nie richtig abschalten konnte.
    Inzwischen bin ich verdammt glücklich. Ich reise um die Welt und arbeite währenddessen als Lektorin und schreibe ein Blog über Minimalismus, Sparsamkeit und Abenteuer. Alles Dinge, die mir Spaß machen. Meistens zumindest.;-)
    Wir haben unser Leben selbst in der Hand und können etwas verändern, wenn wir es denn möchten.
    Ein Leben auf Reisen ist sicher nicht für jeden der richtige Weg, aber wieso nicht die Arbeitszeit reduzieren, um zum Beispiel mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können?
    Danke, dass du mich daran erinnert hast, wo ich noch vor zwei Jahren stand. Das hilft manchmal zu sehen wie gut es einem geht.
    Liebe Grüße, Silke

    1. Liebe Silke,

      schön, dass meine Worte dich erreichen konnten und noch schöner, wenn sie dir aus der Seele sprechen konnten. Ich freue mich über solche schöne Worte von Dir. Schön auch, dass du Weise Wortwahl gefunden hast. Ich wünsche dir viel Spaß beim weiteren Lesen und auch dir viel Erfolg bei deinem neuen, mutigen Lebensweg.

      Viele Grüße

      Esragül

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